Vom 23. Oktober bis 7. November 2015 wird das 11. Spielart Festival in München stattfinden. Über 75 Künstler und Künstlergruppen werden 16 Tage lang ein Tableau vivant unserer Zeit erschaffen.
Bei der elften Ausgabe des Festivals geht es um unbekannte Relikte des Kolonialismus und Nationalismus, um Lebensgeschichten von Flüchtlingen, um die Forderung nach Sicherheit und Kontrolle, um transnationale Familiengeschichten, um die Geschichte der Klassenkämpfe und existenziellen Schiffbrüche, um die Körperlichkeit von Angst und die Autonomie des Subjektes, um Henkersmahlzeiten und die Schönheit des Desasters. Künstler fragen, wie es weitergeht, wenn unsere Weltordnung zusammenbricht, welche Folgen die Weltklimakonferenz mit Münchner Bürgerbeteiligung hat oder was man mit der Mehrwertsteuer auf Kaffee anstellen könnte. Explosive Sprachkaskaden, poesievolle Beschimpfungen, recycelte Protestsongs und Stimmen aus dem Erdreich, Aktenberge unter der Bettdecke, Lautsprecher mit Eigenleben und oberösterreichische Volkstänze – all das ist SPIELART 2015.
Auf dem Spielplan steht aktuelles außereuropäisches Theater mit Arbeiten von Diedonné Niangouna aus Brazzaville (Kongo), das Teatro Lineade Sombra (Mexiko City), Mamela Nyamza (Kapstadt), Rabih Mroué und Tania El Khoury aus Beirut und Public Movement (Tel Aviv).
Unter dem Motto „New Works“ kommen brandneue Produktionen, darunter drei Uraufführungen, aus Amsterdam und Wien, München, Berlin, Johannesburg und Tel Aviv zur Aufführung. “Bekannte Namen, neue Gesichter” überschreibt Companies und Künstler, die zum Teil schon bei SPIELART zu Gast waren oder sich in der Theaterlandschaft bekannte Größen sind: Die Gruppe Berlin bringt das Publikum via Bildschirm zum kollektiven Staunen, Markus&Markus setzen sich mit dem brisanten Thema der Sterbehilfe auseinander, während Simone Aughterlony und Jorge León mit der Bedeutung der Uniform spielen. Die Needcompany präsentiert in diesem Jahr die Familienrecherche „Blind poet“ und entspinnt aus den Stammbäumen der Company-Mitglieder eine verzweigte Studie über Macht und Männer, Sieger und Lügen. Maarten Seghers, ebenfalls aus dem Needcompany-Umfeld, feiert mit den Musikern von The Horrible Facts ein Fest der Gefühle, und Kalle Laar fördert ungehörte Schätze aus seinem Temporären Klangmuseum. Rimini Protokoll machen in den Kammerspielen mit einer interaktiven Theaterinstallation vor, wie das Weltklima durch Bürgerbeteiligung gerettet werden kann. Iggy Malmborg hadert mit der fixen Idee, wie er als Künstler die perfekte Selbstoptimierung erlangt, und Jacob Wren baut ein Szenario auf, in dem jeder den Soundtrack seines Lebens findet. Juha Valkeapää verzaubert die Zuschauer in diesem Jahr nicht mit selbstgebackenen Pfannkuchen (wie bei SPIELART 2011), sondern bittet gleich zur Henkersmahlzeit.
Ein Programm-Schwerpunkt heißt ART IN RESISTANCE (30.10.-1.11.): In einem „Open Call“ haben 800 Künstler aus aller Welt Konzepte und komplette Arbeiten eingereicht. Davon wurden 40 Projekte ausgewählt – Fotografien, Plakatkunst und aktivistische Projekte, theatrale Installationen, Videos und Performances. Themen sind die Auseinandersetzung mit der Idee der Nationalstaaten und der Abschottung gegenüber Anderen, die unterschiedlichen Proteste der letzten Jahre sowie die Möglichkeiten und Grenzen individuellen Engagements. Weitere kuratierte Performances auf anderen Bühnen des Festivals: die „Proletenpassion 2015 ff.“ von X-Werk aus Wien, Christophe Meierhans’ Stück „Some use for your broken Claypot“, Milo Raus „Civil Wars“, Arkadi Zaides mit „Archives“, Motus aus Rimini mit „Caliban Cannibal“ und The Vacuum Cleaner aus London.