Die Polizei hat am Donnerstag in München und in der Region Razzien in Hanfläden in München durchgeführt. Dabei wurden 14 Objekte durchsucht und Hanfprodukte wie Hanftee, Öl, Kosmetik oder Hanfkekse beschlagnahmt. Einer der Betroffenen, der Eigentümer von mehreren Hanfläden in München und der Region, übt scharfe Kritik an der Großrazzia. Wenzel Cerveny legte bei der Durchsuchung Gutachten vor, dass die Produkte in seinen Läden keine unerlaubten Mengen berauschenden Stoffe enthalten würden. Das habe die Beamten aber nicht interessiert. Er wirft den Behörden einen Feldzug und Schikane gegen die junge Cannabis-Branche vor.

Wenzel Cerveny, Geschäftsführer DCI Cannabis Institut GmbH, Copyright Foto Josef König für DCI
Wenzel Cerveny, Geschäftsführer DCI Cannabis Institut GmbH,
Copyright Foto Josef König für DCI

Die Polizei begründet die Großrazzia damit, dass in jüngerer Zeit mehrere Jugendliche aufgegriffen worden sind, die Cannabis-Produkte bei sich hatten, die sie nach eigenen Angaben in Hanfläden gekauft hätten.  Am Donnerstag rückte dann ein Großaufgebot von 180 Polizeibeamten und 11 Staatsanwälte aus, um in München 14 Durchsuchungsbeschlüsse zu vollziehen. Außerdem wurde ein Laden im Landkreis Erding und in Baden-Württemberg durchsucht. 

Die Staatsanwaltschaft München begründet die Aktion damit, weil seit Ende 2018 beim Rauschgiftdezernat in München 83 Fälle registriert worden seien, wo teilweise Minderjährige Cannabis-Produkte bei sich gehabt hätten, die nach ihren Angaben in Hanfläden erworben worden seien. Es seien sogenannte CBT-Produkte (Cannabidiol), die legal sind. Da der Wirkstoff Cannabidiol kaum psychoaktiv ist, unterliegt er grundsätzlich nicht dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG).  Laboruntersuchungen der beschlagnahmten Cannabis-Blüten hätten aber ergeben, dass in diversen getesteten Produkten jedoch auch größere Anteile von Tetrahydrocanbinol (THC) enthalten ist und somit verboten sind. In Deutschland dürfen nur Produkte mit maximal 0,2 Prozent THC überall frei verkauft werden.

Wenzel Cerveny zeigt sich empört über die Durchsuchungsaktion, von der auch er betroffen war. Am Donnerstag gegen 10 Uhr vormittags sei die Polizei zeitgleich in seine beiden Münchner Hanfläden in der Einsteinstraße 163 und im Tal 40 sowie im Laden in der Poststraße 7 in Baldham (Ebersberg) und in die Privatwohnung in Kirchseeon eingedrungen. „Ich wusste nicht, wie mir geschah“, so Cerveny geschockt: „Die Polizei stand mit Prellböcken vor der Wohnung.“ In den drei Hanfläden in München und Baldham seien Hanftees, Hanföle, CBD-Liquids und Hanfkekse im Gesamtwert von über 100.000 Euro beschlagnahmt worden, berichtet er.

Dabei gingen die Ermittler laut Cerveny sehr unkoordiniert vor. „In einem Laden haben sie Hanf-Kosmetik mitgenommen und die Kekse da gelassen, im anderen Laden haben sie die Kosmetik belassen und die Kekse mitgenommen. Es hat Polizeibeamte und Staatsanwälte nicht interessiert, dass wir für alle Produkte Analysen vorweisen konnten.“ Alle Produkte hätten nicht mehr als die erlaubten 0,2 Prozent Gehalts an THC aufgewiesen. Cerveny verweist auf die EU-zertifizierten Lieferanten, die zuverlässig seien. Die Lebensmittelkontrolle habe die Läden bereits mehrfach besucht. Die Proben kamen ohne Beanstandung durch. „Wir werden inzwischen dreifach getestet“, sagt er. 

Cerveny wirft den Ermittlungsbehörden vor, mit zweierlei Maß zu messen. CBD-Öl würde in Drogeriemärkten ebenfalls angeboten. Dort hat es aber keine Durchsuchungen gegegeben und die Produkte stehen weiterhin in den Regalen. Cerveny wehrt sich auch gegen Vorwurf, es seien CBD-Blüten an Jugendliche verkauft worden. „Ohne Ausweis geht bei uns gar nichts“, betont er.

Für Cerveny besonders ärgerlich war seine Festnahme über fünf Stunden im Polizeipräsidium in der Ettstraße. Außerdem seien ihm Handy, Laptop und Computer abgenommen worden. Die gleichzeitige Razzia in 14 Münchner Läden wertet er als bayerischen Feldzug gegen die junge Cannabis-Branche. Er fragt sich: „Was bezwecken die Ermittler mit der Beschlagnahme von Hanftee mit Pfefferminzgeschmack?“ Es gibt für Cerveny, der sich als Vorsitzender des Cannabis Verbandes Bayern (CVB) auch verbandspolitisch engagiert, nur einen Grund: „Die bayerischen Ermittler wollen als Handlanger der rigorosen Anti-Cannabis-Politik im Freistaat die ganze Branche einschüchtern und schikanieren.“ Er will sich mit allen juristischen Mitteln gegen die Beschlagnahme seiner Waren wehren. 

Cerveny (57) hat sich seit Anfang 2014 einen Namen in der deutschen Legalisierungsbewegung gemacht. Unter dem Dach der im Dezember 2016 gegründeten DCI Cannabis Institut GmbH hat er seine Aktivitäten gebündelt. Er war Veranstalter der zwei Münchner Cannabis XXL-Messen 2015 und 2017. Seit Mai 2017 läuft der Einzelhandel „Hanf der etwas andere Bioladen“ in der Münchner Altstadt und in Haidhausen sowie in Augsburg, Rosenheim und Baldham.